Die "Kynologischen Tage der FCI" in Brüssel

Als Höhepunkt und zugleich als Abschluss der Feierlichkeiten zum einhundertjährigen Bestehen der FCI fanden vom 11. bis 14. November 2011 die "Kynologischen Tage der FCI" in Brüssel statt. Den Delegierten aus 35 Ländern wurde ein vielseitiges Programm geboten: ein kynologisches Symposium, ein hochklassiger "Champion of Champions"-Wettbewerb, ein Galaabend und als Ausklang ein Ausflug in die von der Unesco als Weltkulturerbe geschützte Stadt Brügge sowie ein Tag der offen Tür in der FCI-Geschäftsstelle.

Ungefähr 150 Personen nahmen am Symposium zum Thema "Mensch und Hund, Quo vadis, Erkenntnisse und Perspektiven" teil und waren von den hoch interessanten und aktuellen Referaten begeistert.

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Hans W. Müller
Präsident der FCI
Hundesymposium zum hundertjährigen FCI-Jubiläum: Für Hunde weltweit und in jedem Fall

Das erste Event der kynologischen Tage der FCI bestand im Hundesymposium, das am 11. November stattfand. Der Titel lautete:

Hund und Mensch: Quo vadis? Wissen und Perspektiven

Diese herausfordernde Frage wurde von neun Rednern in Angriff genommen, die sie entweder aus historischer Perspektive angingen, oder neue Aspekte in unserem Alltagsleben mit Hunden hervorhoben.

Als erstes trat Yves De Clercq, Exekutivdirektor der FCI, ans Mikrofon und gab eine kurze Einführung in die weltweit grösste Hundeorganisation. Im Anschluss an ein paar Zahlen und Statistiken über die FCI-Mitgliederschaft, CACIB-Ausstellungen, Titel sowie die Eintragung von Welpen informierte er dann die Zuhörerschaft darüber, was hinter der FCI-Mitgliedschaft liegt, sowohl vom Standpunkt der Züchter als auch vom Standpunkt der nationalen Hundeverbände aus betrachtet.

© Karl Donvil
Yves De Clercq (BE), Directeur exécutif de la FCI depuis 1999.

Prof. Ermanno Maniero löste Yves De Clercq mit einer reichhaltigen und rasanten Lektüre über die Geschichte des Hundes ab. Er gab einen Überblick des aktuellen Stands der Erkenntnisse über seine Herkunft und Entwicklung, die dank unter anderem auf Paläontologie und Paläozoologie basierenden Studien gewonnen wurden.

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Ermanno Maniero (PE), Chargé de cours à l'Université de Lima (Pérou).

Dann war Dr. Göran Bodegård an der Reihe, um sich mit der Gesundheit von Hunden zu beschäftigen. Zunächst erinnerte er die Zuhörer daran, dass die Ziele der FCI darin bestehen, "die Zucht und die Verwendung von Rassehunden zu unterstützen und zu fördern, deren funktionell einwandfreier Gesundheitszustand und morphologisches Erscheinungsbild den Anforderungen des Standards einer jeden Rasse entsprechen und die gemäss den spezifischen Eigenschaften ihrer Rasse arbeiten und verschiedene Funktionen erfüllen können… das Wohlergehen der Hunde weltweit zu fördern und zu unterstützen.” Diesbezüglich befindet sich der Ausstellungsrichter in einer hervorragenden Position, um einer ungesunden Zucht vorzugreifen, indem vermieden wird, Hunde des extremen Typs auszuzeichnen. Er sorgt dafür, dass die Eigenschaften einer Rasse im Rahmen der Rassestandards bleiben. Dr. Bodegård stellte das vom schwedischen Kynologenverband (SKK) im Jahr 2006 eingeleitete Projekt vor, um dem zerstörerischen Einfluss von extrem typisierten Hunden auf die Zucht entgegenzuwirken, die auf die zunehmende Nachfrage nach glamourösen Extremen bei Hundeausstellungen zurückzuführen ist. Ein ausführlicher Artikel über dieses Projekt erschien in der 2. Ausgabe des FCI-Newsletters, siehe http://newsletter2.dogdotcom.be/en/BSI_SKK.aspx.

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Göran Bodegård (SE), MD PhD, Président du groupe BSI du Kennel Club suédois, Stockholm (Suède).

Weiter ging es mit einem sehr interessanten Vortrag von Prof. Erhard Olbrich mit dem Titel Hunde fördern die Heilung. Erklärung der sozialen, psychologischen und somatischen Auswirkungen der tiergestützten Therapie. Dank neurobiologischer Studien lassen sich eine Reihe von positiven Auswirkungen erklären, die bereits seit geraumer Zeit bei tiergestützter Therapie beobachtet wurden. Diese Auswirkungen basieren auf der evolutionär entstandenen Zuneigung von Menschen zu anderen Lebewesen, die Wilson (1984) als Biophilie bezeichnet. Prof. Olbrich stellte dem Publikum eine Reihe von Abbildungen und Beobachtungen zu diesem erstaunlichen Band zwischen Mensch und Hund vor.

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Erhard Olbrich (DE), Professeur émérite de psychologie à l'Université d'Erlangen-Nürnberg. Président de la Société internationale pour la Thérapie assistée par l'animal.

Der erste Teil unseres Symposiums wurde mit dem Vortrag von Frau Dr. Delphine Clero über die Funktion von Arbeitshunden in der Gesellschaft abgeschlossen. Seit Jahrhunderten werden Hunde vom Menschen dazu genutzt, um Dinge zu tun, die er nicht selbst erledigen kann. Da er sich bewusst ist, dass gewisse Sinne, vor allem der Riechsinn, bei Hunden wesentlich besser entwickelt sind als bei Menschen, bemüht sich der Mensch darum, "seinem besten Freund" Dinge beizubringen, die für ihn im Alltagsleben nützlich sein können. Fast jedem sind die Rettungshunde bekannt, die bei der Suche nach Erdbeben- oder Lawinenopfern helfen, aber weiss auch jeder, dass Hunde dazu in der Lage sind, ihre Besitzer zu warnen, bevor diese einen Hypoglykämieanfall erleiden, oder in Urinproben Krebs zu entdecken?

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Delphine Clero (FR), Unité de Médecine de l'Élevage et du Sport, École Nationale Vétérinaire d’Alfort (France).

Im Anschluss an eine willkommene Pause für das Mittagessen konnte das Publikum dem Vortrag von Prof. Giaovanni Morsiani über Schönheit, Temperament und Gesundheit als grundlegende Kriterien für eine korrekte Zuchtselektion beiwohnen. Die Kriterien, die wir für die Bewertung von Hunden festsetzen, ist eine wichtige Frage für Richter und Züchter, um die Rassen zu unterstützen. Sollten sich diese Kriterien aus der Orientierung an den gegenwärtigen Schönheitsidealen ergeben, oder aus den Hunden, die derzeit bei den Ausstellungen zu sehen sind, oder sollten sie auf der Grundlage von allgemeineren Aspekten gebildet werden? Prof. Morsiani führte uns durch sein persönliches Album von Lieblingskunstwerken, um die von Heim festgesetzten fundamentalen Prinzipien zu verdeutlichen: Von der Leistung zum Typ. Schönheit, jedoch nur in Verbindung mit Funktionalität, guter Gesundheit und einer kontrollierten Natur, wobei die Grundlage stets im Standard besteht.

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Giovanni Morsiani (IT), Président de l'Académie technique du Forum international pour le Saint Bernard et professeur de cynognostique, Université de Bologne (Italie).

Im Anschluss an den recht poetischen Vortrag von Herrn Morsiani hatten wir Gelegenheit, der Präsentation von Dr. Fischer über seine Untersuchung der Fortbewegung des Hundes zuzuhören, wobei es sich um die umfangreichste Studie handelt, die je über dieses Thema ausgeführt wurde. Es wurden 327 Hunde aus 32 verschiedenen Rassen untersucht, wobei die Hauptfrage darin bestand, ob der Bewegungsablauf der verschiedenen Hunderassen Unterschiede aufweist, und zwar insbesondere unter dem Einfluss eines vierzigfachen Gewichtsunterschieds zwischen einem Chihuahua oder Dachshund und einem Mastiff, oder ob sich Hunde unabhängig von der Rasse weitestgehend auf dieselbe Weise bewegen. Entgegen den Erwartungen hat sich die Fortbewegung von Hunden im Laufe der langen Geschichte ihrer Domestizierung nur wenig weiterentwickelt. Die Ergebnisse der Studie werden in einem Buch namens „Dogs in motion“ (Hunde in Bewegung) vorgestellt, in dem auch eine ausführliche Beschreibung des derzeitigen Wissenstands über die Bewegungsabläufe von Hunden enthalten ist. Die wichtigsten Ergebnisse von 300 wissenschaftlichen Studien in Wort und Bild wurden so aufbereitet, dass ausführliche Informationen über Knochen, Muskeln, Gelenke, sowie die Gesamtbewegung und dynamische Aspekte vermittelt werden. Mit einer innovativen Bildsprache und einer DVD mit über 300 Filmen (Hochgeschwindigkeitsvideos, Hochgeschwindigkeits-Röntgenfilme und insbesondere 3D-Animation) macht die Studie den Weg zu einem neuen Verständnis für die Bewegungsabläufe unserer Hunde frei. Eine Kurzbeschreibung des Buches war in der 2. Ausgabe des FCI-Newsletters zu finden: 2me édition de la Newsletter de la FCI .

Prof Dr. Martin S. Fischer (DE), Directeur de l'Institut de zoologie systématique et de biologie de l'évolution avec musée phylétique.

Gegen 15 Uhr trat Herr Meyer ans Mikrofon, um ein sehr anregendes Thema anzusprechen: Ausstellungen in der Zukunft. Es ist das gute Recht von Hundeausstellern, gut organisierte Ausstellungen mit angemessenen Serviceleistungen zu erwarten, die der Höhe der Teilnahmegebühren gerecht werden, und dem damit verbundenen hohen Kosten- und Zeitaufwand angemessen sind. Zufriedene Aussteller sind die Grundlage für erfolgreiche Ausstellungen - und zwar nicht nur heute, sondern auch in der Zukunft. Die Ausstellungen der Zukunft müssen jedoch zunehmend als Bühne für die Öffentlichkeitsarbeit betrachtet werden, um unsere Arbeit ins Rampenlicht zu stellen. Wenn wir geeignete Massnahmen ergreifen können und das richtige Angebot bieten, um zunehmend Besucher und Vertreter der "breiten Öffentlichkeit" zu unseren Veranstaltungen zu locken, müssen wir die Auswirkungen kritisch unter die Lupe nehmen, die unser "Showzirkus" und seine Verfahren auf externe Gruppen haben. Herr Meyer gab verschiedene Anregungen wie die Konzentration auf Servicekonzepte, die Attraktivität für die breite Öffentlichkeit, indem sie mit einer breiten Angebotspalette angelockt wird, wobei Informationen über die Vorteile von Rassehunden, die artgerechte Hundehaltung und über Möglichkeiten, mit Hunden zu arbeiten, vermittelt werden. Ein weiterer Punkt, der zu untersuchen ist, ist die Frage, ob sich neue Besucher anlocken lassen, wenn der Themenbereich von Ausstellungen erweitert wird, beispielsweise auf andere Haustiere, Pferde, Freizeit- oder Outdooraktivitäten. Er gelangt zur Schlussfolgerung, dass wir mit Erfolg künftige Ausstellungen nicht nur für die Aussteller und Züchter attraktiv machen, sondern auch für Erstbesucher, wenn wir uns alle zusammentun. Dies setzt jedoch voraus, dass wir negative Entwicklungen unterbinden, insbesondere im Hinblick auf das Züchten von Extremeigenschaften bei bestimmten Rassen.

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Bernhard Meyer (DE), Directeur exécutif du VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen).

Unser letzter Redner war William Bredal, dessen Vortrag mit dem Titel: "Hunde sind aussergewöhnlich und müssen dementsprechend gefüttert werden: Die Bedeutung von Wissenschaft & Ernährung" zahlreiche humoristische Anspielungen umfasste, und zwar nicht nur in seiner Rede, sondern auch in den Abbildungen, mit denen sein Vortrag illustriert war. In den letzten Jahren haben bahnbrechende wissenschaftliche Fortschritte zu vielen klinisch dokumentierten Gesundheitsvorteilen von hochqualitativem Hundefutter geführt. Diese Vorteile haben grundlegend zum Wohlergehen und zur Langlebigkeit von Hunden beigetragen. Durch Information und klinische Dokumentation bieten die Hersteller von hochwertiger Hundenahrung den interessierten Hundebesitzern interessante Alternativen. Kontinuierliche Bemühungen in Forschung und Wissenschaft sowie der Einsatz von hochqualitativen Zutaten werden weltweit zum Nutzen der Hunde dienen.

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William Bredal (NO), DVM, P&G Pet care.

Auf diese facettenreichen Vorträge, bei denen die vielfältigen Rollen im Mittelpunkt standen, die Hunde in unserer Gesellschaft spielen, folgte eine von Fred Denayer, dem ehemaligen Präsidenten des belgischen Kynologenverbands (SRSH), moderierte Sequenz von Fragen und Antworten. Er leitete die Redner bereits seit Beginn des Symposiums durch den engen Zeitplan. Er unterstützte die Redner laufend dabei, dass alles glatt lief, und sorgte mit der Zusammenfassung von Kommentaren für noch interessantere Informationen. Während der Frage- und Antwortsequenz konnten wir einer nicht auf dem Programm stehenden Rede von Frank Comhaire, emeritierter Professor an der Universität Gent, über genetische Vielfalt und Inzucht - Einschätzung des Niveaus der sicheren Inzucht bei Rassehunden beiwohnen. Die Schlussfolgerungen der von ihm durchgeführten Studie bestehen darin, dass Koeffizienten für die Inzucht geschätzt werden können, die der sicheren bzw. im Grenzbereich liegenden effektiven Populationsgrösse entsprechen.

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Fred Denayer (BE).

Das Symposium wurde von José-Luis Ibáñez von Eukanuba, unserem Partner bei diesem Symposium, eröffnet, der erklärte, dass es für ihn eine Ehre sei, anwesend zu sein und das Symposium zu eröffnen. Unsere gemeinsamen Interessen an Hunden umfassen Standards, den Typ, das Temperament und natürlich auch die Funktion - da Hunde ursprünglich gezüchtet wurden, um den Menschen zu helfen - und unsere gemeinsamen Ziele sind ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen. Dann erinnerte Ibáñez das Publikum an die Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrags zwischen FCI und Eukanuba im Jahr 2006, und erklärte, was für ein grossartiges Jubiläumsjahr 2011 für die FCI war. Er nannte die wichtigsten Events: Die FCI-Jahrhundertsiegerausstellung in Dortmund, mit dem Start von Cobby, dem FCI-Maskottchen; die FCI-Jubiläums-Welthundeausstellung in Paris, die grösste je organisierte Welthundeausstellung, die FCI-Jubiläums-Europasiegerausstellung in Leeuwarden, bei der die FCI und Eukanuba das Richterhandbuch vorstellten. Ibáñez drückte Herrn Müller, dem FCI-Vorstand, Yves De Clercq und Marie Luna Durán seinen Dank aus, und schloss dann die Eröffnung mit einem Zitat von Nietzsche ab: "Die Welt wurde durch das Verstehen von Hunden erobert; die Welt besteht durch das Verstehen von Hunden". Dann wünschte er allen viel Freude bei dem Symposium, bei dem das Verstehen von Hunden im Mittelpunkt steht.

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José-Luis Ibañez (ES), EMEA influencer MS&P

Es war eine grosse Ehre für uns, Mitglieder von verschiedenen Tierschutzorganisationen begrüssen zu dürfen, wie Marlene Wartenberg (FOUR PAWS) und Ulrike Tewes (FECAVA), sowie Walter Lodewyckx und Leen Versmissen (Consortium Problématique de l’Elevage des Chiens - Région Flamande).

Der Veranstaltungsort, der maurisch gehaltene Theatersaal des Brüssler Hotels Le Plaza, war nicht nur spektakulär, sondern auch für eine derartige Veranstaltung, die 140 Teilnehmer verzeichnete, perfekt geeignet: Von FCI-Mitgliedern entsandte Teilnehmer, Vertreter der internationalen Hundepresse, öffentliches Publikum, Vertreter von im Tierschutzbereich aktiven Institutionen,...

© Karl Donvil
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Die FCI hat ein Team mit der Videoaufnahme des Symposiums beauftragt. Auszüge werden im Internetauftritt www.fci.be zu sehen sein und zum gegebenen Zeitpunkt über verschiedene Medien zur Verfügung gestellt werden. Falls Sie eine Kopie der Aufzeichnungen erhalten möchten, setzen Sie sich bitte mit in Verbindung. .

Marie Luna Durán,
FCI Marketing & Public Relations Manager